Warum Klimaschutz uns alle braucht
Die Welt erlebt nicht zum ersten Mal einen Klimawandel. Vor 50 Millionen Jahren war es gut 5 Grad wärmer als heute und Palmen wuchsen in Alaska. Vor 50.000 Jahren waren die Temperaturen dagegen etwa 5 Grad kälter und die Bedingungen für Säbelzahntiger sowie Mammuts ausgezeichnet [1].
Doch anders als in der Vergangenheit ist der aktuelle Klimawandel nicht einem Naturereignis wie etwa CO2-ausstoßenden Vulkanen geschuldet. Stattdessen ist er heute menschengemacht. So ist der Ausstoß von Treibhausgasen wie Kohlenstoffdioxid (CO2) seit Beginn der Industrialisierung kontinuierlich gestiegen – und mit ihm die globale Mitteltemperatur [2-4].
Wichtige Auslöser sind die Verbrennung fossiler Brennstoffe und die fortschreitende Entwaldung. Was lange die Lösung für Energieversorgung und wachsenden Wohlstand war, ist nun also menschengemachtes Problem. Somit können die gravierenden Konsequenzen auch nur von Menschen verhindert oder wenigstens abgeschwächt werden. Und jeder Baustein zählt [2-6].
Es ist nämlich keineswegs egal, wie stark die Maßnahmen gegen den Klimawandel ausfallen. Vielmehr gibt es eine Reihe an sogenannten „Kipp-Elementen”. Hat der Klimawandel erst einmal gewisse Punkte erreicht, werden bestimmte Veränderungen unumkehrbar. Ähnlich einem Domino-Effekt können sich bestimmte Systeme danach gegenseitig beschleunigen [7-9].
Die Frage sollte also nicht sein, ob diese oder jene helfende Maßnahme beherzigt werden sollte. Wir brauchen sie alle. Und jeder kann bei sich selbst anfangen.
Klimamaßnahmen fürs eigene Leben
Menschen sind „Gewohnheitstiere”. Das ist erst mal nicht gut oder schlecht. Nur helfen mahnende Finger, geschweige denn Neujahrsvorsätze erfahrungsgemäß wenig. Auch beim Thema Klimawandel. Stattdessen geht es darum, neue Gewohnheiten langfristig aufzubauen und beizubehalten.
Mittlerweile ist gut untersucht, inwiefern Gewohnheiten unseren Alltag bestimmen. Demnach braucht es vier Grundbausteine, um eine neue Gewohnheit aufzubauen: „Kontext”, „Friktion”, „Belohnung” und „Wiederholung” [10].
Für jemanden, der zum Beispiel mehr Sport treiben will, könnte das so aussehen: Jeden Morgen vor der Arbeit (Kontext) Joggen gehen. Der Wecker steht am anderen Ende des Zimmers (Friktion) und erschwert das Weiterschlafen. Nach dem Joggen erlaubt man sich etwas Besonderes (Belohnung). Man zieht es mindestens 3 Monate durch (Wiederholung), bis der neue Tagesrhythmus automatisiert wurde [10].
Nicht anders funktioniert es bei klimafreundlichem Verhalten.
Regional, saisonal und pflanzlich ernähren
Die Pro-Kopf-Menge an Treibhausgasemissionen in Deutschland ist fast doppelt so hoch wie der globale Durchschnitt. Und 15 % davon entfallen allein auf die Ernährung. Saisonale und regionale Lebensmittel sind dabei ausgesprochen günstig für den ökologischen Fußabdruck. Denn umso aufwendiger Transport oder Lagerung sind, desto größer fällt letztlich auch der Energieverbrauch aus [11, 12].
Zudem haben verschiedene Lebensmittel eine sehr unterschiedliche „Treibhausgasbilanz”. Tierische Produkte wie Fleisch, Käse oder Eier haben dabei eine deutlich schlechtere Bilanz als pflanzliche Produkte wie Hülsenfrüchte, Getreide, Obst und Gemüse [11-13]. Die Vegane Ernährung wird in diesem Zusammenhang häufig diskutiert.
Auch hier steckt der Teufel wie so oft im Detail: Im beheizten Gewächshaus angebaute Tomaten oder aus der Ferne eingeflogene Avocados schneiden folglich nicht zwingend besser ab, nur weil sie pflanzlich sind [11].
Flugreisen vermeiden
Fliegen ist für viele Menschen der Inbegriff von Freiheit und oftmals der schnellste Weg in wärmere Gefilde. Es ist jedoch auch die klimaschädlichste Fortbewegungsart. Für einen Flug von Frankfurt am Main nach Mallorca mit 2.500 Kilometern Distanz könnte man genauso 4.000 Kilometer mit dem Auto fahren – und das alleine. Mit jedem Mitfahrer steigt der Effekt [14].
Die Entscheidung, welche Flugreise wirklich nötig ist, kann natürlich niemandem abgenommen werden. Für den eigenen ökologischen Fußabdruck zählt jedoch jeder geflogene Kilometer - unabhängig von Anlass und Aufenthaltsdauer. Und mit fast 6 % der Pro-Kopf-Emissionen ist und bleibt Fliegen ein Schwergewicht unter den vermeidbaren Emissionstreibern [11].
Alternativen können andere Verkehrsmittel, nähere Urlaubsziele und Videocalls statt Dienstreisen sein. Sollte ein Flug trotzdem unvermeidbar werden, besteht die Möglichkeit zur „Kompensation”. Mit einem zusätzlichen Betrag werden so Klimaschutzprojekte unterstützt. Das geht natürlich auch ohne Fliegen [14, 15].
Auf ein Auto verzichten
Ein Fünftel aller Emissionen in Deutschland entstehen durch den Verkehr. Zwar ist der Ausstoß von Treibhausgasen und Luftschadstoffen bei Neuwagen gesunken. Da der Verkehr jedoch insgesamt deutlich zugenommen hat, bleibt der Effekt aufs Klima konstant hoch. „Wir treten also auf der Stelle” [16].
Auch hier ist die Frage des Verzichts natürlich sehr persönlich und hängt von der eigenen Lebenssituation ab. Die Einsparmöglichkeiten an Emissionen sind jedoch immens. In Städten sind öffentliche Verkehrsmittel, Fahrrad fahren und zu Fuß gehen die logischen Alternativen [16, 17].
Wer nicht täglich auf ein Auto angewiesen ist, sollte über Carsharing-Angebote nachdenken. Hohe Anschaffungs-, Wartungs- und Fixkosten entfallen so. Wer regelmäßig die gleichen Wege fährt, kann Fahrgemeinschaften bilden. Hierfür gibt es praktische Vermittlungsportale [16, 18, 19].
Konsumverhalten überdenken
Alles, was wir verzehren, verbrauchen oder aber als Dienstleistung in Anspruch nehmen, macht letztlich unseren Konsum aus. Und dieser 40 % unserer Pro-Kopf-Emissionen. Das meiste davon ist so fest in unserem Alltag verankert, dass wir es gar nicht mehr als „Konsum” wahrnehmen. Es ist eher unsere ganz normale Art zu leben [11, 20].
Auch hier ist die Rechnung jedoch simpel und jede Stellschraube kann unseren ökologischen Fußabdruck verringern. Natürlich ist es mit einem gewissen Aufwand verbunden, das eigene Leben so unter die Lupe zu nehmen. Doch auch psychologisch kann das lohnen. Denn die Annahme, freiwilliger Verzicht würde zwangsläufig unglücklich machen, ist wissenschaftlich überholt [21].
Wer ehrlich mit sich selbst ist, weiß zu gut, dass die Infos zur Ökobilanz jeder Aktivität – egal ob Streaming oder Lieferservice – nur zwei Klicks im Browser entfernt sind. Aufpassen sollte man jedoch beim sogenannten „Rebound-Effekt”: den Mehrverbrauch einer Ressource trotz effizienter Nutzung. So kann ein neues Elektrogerät zwar effizienter sein als das alte. Durch seine Größe und verstärkte Nutzung am Ende trotzdem mehr Strom verbrauchen [11].
Genaue Vorgehensweisen und mehr Details finden Sie hier.
Spannend ist auch die Selbstbeobachtung, wie oft wir Konsum betreiben, um uns von negativen Gefühlen abzulenken. An die „Wurzel” und damit langfristige Lösung eines Problems geht man damit natürlich nicht.
Auch werden viele Gewohnheiten durch eine Art Gruppenzwang aufrechterhalten. Wer ein materielles Geburtstagsgeschenk erhält, fühlt sich schnell unter Druck gesetzt, der anderen Person beim nächsten Mal ein ähnliches Geschenk zu besorgen. Ein offenes Gespräch kann hier für ein positives Umdenken sorgen.
Das Klima und die eigene Gesundheit
Der Klimawandel hängt viel enger mit der eigenen Gesundheit zusammen, als die meisten Menschen denken. Die gute Nachricht ist: ein klimafreundliches Leben auch.
Klimafolgen für die Gesundheit
Mit dem fortschreitenden Klimawandel steigt die Zahl an sogenannten Extremwetterereignissen wie Hitzewellen, Stürmen und Überflutungen. Gleichzeitig nimmt die Luftverschmutzung zu und die Nahrungsmittelsicherheit ab. All das hat ernste Folgen für die Gesundheit [9, 23, 24].
Daraus ergibt sich schon jetzt eine Vielzahl an Herausforderungen. Mehr Menschen erkranken und versterben aufgrund von Hitze. Stürme und Überflutungen nehmen Menschen ihr Zuhause und erschweren landwirtschaftlichen Anbau. Sauberes Trinkwasser und Nahrung werden knapper. Die Zahl an Parasiten und anderen Krankheits-übertragenden Spezies nimmt zu. Schadstoffe in der Luft führen zu vermehrten Lungenerkrankungen [9, 23, 24].
Auch Deutschland ist von diesen Entwicklungen zunehmend betroffen. Gerade Menschen mit Vorerkrankungen sind den vermehrten Hitzewellen oft nicht gewachsen. Exotische Stechmücken können durch die wärmeren Bedingungen künftig auch in Deutschland überleben und so zur Verbreitung von Infektionserkrankungen beitragen [25].
Doch all das ist beeinflussbar.
Klimafreundlich leben ist gesund
Umso mehr wir an einem Strang ziehen, können viele dieser klimabedingten Folgen abgewendet werden. Verständlicherweise entsteht bei vielen Menschen das Gefühl, den eigenen Verzicht nur schwer aufrecht erhalten zu können, wenn nicht alle mitmachen. Aber auch hier gibt es gute Nachrichten.
Vieles an den Verhaltensänderungen wirkt sich nämlich nicht nur günstig aufs Klima, sondern auch auf die eigene Gesundheit aus. Ganz egal, wer noch mitmacht. Der Gewinn an Lebensqualität ist also sicher [26].
So ist eine ausgewogene, überwiegend pflanzliche Ernährung sowohl klimafreundlich als auch gesund. Der Speiseplan der Zukunft besteht daher zu Großteilen aus Vollkornprodukten, Gemüse, Obst, Nüssen und Hülsenfrüchten bei insgesamt weniger Tier- und Fertigprodukten. Auch die vermehrte körperliche Aktivität durch Fahrrad fahren oder Gehen kommt Klima und Gesundheit gleichermaßen zu gute [27-30].
Für viele Menschen überraschender sind ohnehin die positiven Auswirkungen auf die psychische Gesundheit. Dies gilt einerseits für Ernährung und Bewegung, aber andererseits auch für ein konsumärmeres Leben generell. Die hierzu wachsende Forschung zeigt zunehmend, dass die bewusste Entscheidung, mit weniger Konsum und Besitztümern zu leben, durchweg positive Folgen für das allgemeine Wohlbefinden und die Lebenszufriedenheit hat [21, 31].
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