Folgen der Pandemie für Kinder
Viele Eltern fühlten sich mit der Versorgung ihrer Kinder in den letzten Monaten allein gelassen. Gerade für Alleinerziehende entstanden im Laufe der Pandemie ungeahnte Herausforderungen im Alltagsleben. Am Ende hat wohl jede Familie eine ganz eigene „Odyssee-Geschichte” von der Pandemie zu erzählen.
Doch eines wird auch hier schnell klar: Kinder sind verschieden und haben dementsprechend oft sehr unterschiedlich auf die Widrigkeiten des letzten Jahres reagiert. Umso wichtiger wird also der Blick auf jedes einzelne Kind und die individuelle Situation jeder Familie [1].
Was bisher aus Studien bekannt ist
Laut Studienergebnissen fühlen sich immerhin etwa 70-80 % der Kinder und Jugendlichen durch die Pandemie belastet. Dies führte unter anderem zu einer verminderten Lebensqualität, einer Verdopplung von psychischen Auffälligkeiten und einem verschlechtertem Gesundheitsverhalten bei Ernährung, Bewegung und Mediennutzung [2-5].
Dementsprechend waren Anfang/Mitte 2021 etwa doppelt so viele Kinder in psychischer Behandlung wie zur gleichen Zeit zwei Jahre zuvor. Die Zahl an sehr dringenden Fällen nahm ebenfalls deutlich zu. Dabei kamen insbesondere Depressionen, Angstzustände, Einsamkeit und Selbstgefährdungen gehäuft vor [4-6].
Psychische Folgen waren also eher die Regel – und nicht etwa nur die Ausnahme bei Kindern. Dennoch muss hervorgehoben werden, dass die Pandemie bestehende Ungleichheiten in der Kinderversorgung tendenziell weiter verstärkt hat. So hat es sozial benachteiligte Familien letztlich besonders schwer getroffen [2, 3].
Auch ist durch die vermehrte Abschottung das Risiko einer Kindeswohlgefährdung nachweislich gestiegen. Zudem liefen Kinder mit chronischen Erkrankungen vermehrt Gefahr, aufgrund der weniger engmaschigen Betreuung einen ungünstigeren Krankheitsverlauf zu durchleben. Wichtige Maßnahmen wie Kinderimpfungen und Vorsorgeuntersuchungen wurden insgesamt seltener wahrgenommen [2, 3].
Umso länger Schulschließungen andauerten, desto größer wurden die psychischen Belastungen wahrgenommen. Die Schule ist somit weit mehr als nur eine Bildungseinrichtung. Vielmehr dient sie als Ort für Austausch, Sozialleben und frühzeitige Problemerkennung [1, 2, 4, 5].
Praktische Tipps für Eltern
Doch zum Glück sind Kinder echte „Anpassungskünstler”, die sich auch von Phasen mit größeren Widrigkeiten erstaunlich gut erholen können. Sind Kinder in der Lage stressige Situationen erfolgreich zu bewältigen, kann dies sogar wesentlich zum Aufbau persönlicher Stärken und künftiger Stresstoleranz beitragen [7, 8].
Um dies bestmöglich zu gewährleisten und weiterem psychischen Leidensdruck vorzubeugen, kommen hier nun ein paar nützliche Tipps für alle Eltern und Angehörigen [7].
Psychische Probleme früh erkennen
Genauso wie Kinder Belastungen als sehr unterschiedlich stressig empfinden, können auch ihre Symptome variieren. Dabei können die stressbedingten Beschwerden sowohl körperlich als auch seelisch sein und in jedweder Konstellation auftreten. Zu den häufigsten Symptomen zählen [7-9]:
Durch die Beschwerden kann das Alltagsleben des Kindes und der Familie mitunter nachhaltig erschwert sein. Die kindliche Entwicklung kann sich verzögern oder zwischenzeitlich stagnieren. Trotzdem hat nicht jedes neue Symptom einen Krankheitswert und kann auch eine vorübergehende natürliche Reaktion auf die Umgebung sein [7, 8].
Für Eltern und Angehörige ist es zunächst einmal das „A und O” die Beschwerden des Kindes zu bemerken und ernst zu nehmen. Altersbedingt haben viele Kinder Schwierigkeiten, ihr Unbehagen wahrzunehmen, in Worte zu fassen oder sich zu trauen, anderen davon zu erzählen [9].
Stets ein offenes Ohr und Auge für die Belange des Kindes zu haben, ist ein wichtiger erster Schritt. Bei Vorliegen von Beschwerden mit viel Ruhe, Zuversicht, Verständnis, Zeit und Geduld auf die Nöte des Kindes einzugehen, kann in vielen Fällen bereits die Weichen auf Besserung stellen. Sollte das Kind das Gesprächsangebot erstmal nicht annehmen wollen, kann das auch okay sein und sollte respektiert werden [8, 9].
Einfache Maßnahmen helfen
Im Alltag können bereits einfache Maßnahmen einen Unterschied machen und damit Besserung bewirken:
Dem Kind die Gelegenheit geben, sich auch mal zurückziehen zu können. Zuhören, selbst wenn sich das Kind wiederholt. Ehrlich antworten und auch eigenes Nichtwissen eingestehen. Das eigene Verhalten oder das der Familie nachvollziehbar und kinderverständlich machen [8, 9].
Auch sind Ängste von Kindern manchmal relativ diffus. Zum Beispiel wenn es um die Gesundheit von Großeltern oder anderen Angehörigen geht. Manchmal hilft es schon, dem Kind zu erklären, dass eine gute ärztliche Behandlung auch während einer Pandemie möglich ist. Eltern können dem Kind vermitteln, was Ihnen selbst Sorgen bereitet – und was nicht [9].
Des Weiteren können Eltern für eine klare Tagesstruktur mit Lern- und Spielzeiten sorgen. Dabei sollte der Medienkonsum auf ein bestimmtes Maß eingeschränkt werden. Es kann auch ein gemeinsamer Tages- oder Wochenplan der Familie hilfreich sein [7, 8].
Es ist sinnvoll, auch in schwierigen Zeiten, das Sozialleben des Kindes aufrechtzuerhalten. Hierzu zählen gemeinsame Aktivitäten innerhalb der Familie genauso wie Treffen mit Freunden. Sollte dies pandemiebedingt eingeschränkt sein, können regelmäßige Telefonate oder Video-Anrufe mit Verwandten, Bekannten und Freunden weiterhelfen [8].
Die Ernährung des Kindes sollte ausgewogen und der Schlaf ausreichend sein. Wenn sich die Eltern selbst gestresst fühlen, dann ist es wichtig, auch die eigenen Bedürfnisse ernstzunehmen. Kinder spüren das Stresslevel ihrer Eltern [7, 8].
Ansonsten empfiehlt es sich, besonderen Wert auf einen positiven, wertschätzenden Umgang innerhalb der Familie zu legen. Eltern sollten Vorbild sein: Das Kind loben und ermutigen. Sich Zeit füreinander nehmen. Sich gegenseitig unterstützen. Gezielt nach angenehmen Aktivitäten suchen [7, 8].
Für viele Familien kann auch das Führen eines Dankbarkeitstagebuchs hilfreich sein. Darin werden dann alle Dinge am Tag eingetragen, für die die Familienmitglieder dankbar sind. Andere machen gute Erfahrungen mit Sport, Entspannungs- oder Achtsamkeitsübungen. Familien sollten kreativ sein und einfach ausprobieren, was ihnen gut tut [8, 9].
Was tun, wenn es zu viel wird
Wichtige Ansprechpartner
In der Mehrzahl der Fälle führen diese Verhaltensmaßnahmen schon zu einer Besserung. Sollten die Beschwerden trotzdem bestehen bleiben oder sich sogar verschlechtern, ist es jedoch wichtig, zeitnah Hilfe hinzuzuziehen. Niemand sollte mit Problemen auf sich allein gestellt sein. Im Zweifelsfall können Sie die Hilfe also gar nicht früh genug in Anspruch nehmen.
Hierfür kommen je nach Problem und Fragestellung verschiedene Ansprechpartner in Frage. Hierzu zählen [7, 9]:
Wichtige Ansprechpartner bei psychischen Beschwerden von Kindern während der Pandemie | |
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Grundlegende Informationen zur Corona-Situation | |
Ärztliche und psychotherapeutische Versorgung | |
Nummer gegen Kummer: Beratung für Kinder und Jugendliche | |
Telefonseelsorge | |
Deutscher Kinderschutzbund - Adressen für Krisensituationen | |
Hilfetelefon Sexueller Missbrauch | |
Versorgungsangebote für Kinder und Jugendliche | |
In akuten Notfällen | Rettungsdienst 112 |
Ein hoffnungsvoller Ausblick
Langfristig gibt es durchaus Grund zur Hoffnung. In vielerlei Hinsicht hat sich die Dynamik der Pandemie grundsätzlich verändert und tendenziell abgeschwächt. Zudem können sich mittlerweile immer mehr Kinder und Jugendliche in Deutschland impfen lassen. Damit senkt sich einerseits das Risiko der Kinder selbst und andererseits der Gesellschaft als Ganzes.
Und selbst für jüngere Kinder ist die Chance auf eine Corona-Impfung langsam in Sicht. In den USA dürfen bereits Kinder ab 5 Jahren geimpft werden [11].
So können Kinder zum Glück zunehmend wieder nachholen, worauf sie so lange und tapfer verzichten mussten. Höchste Zeit!
Die Inhalte dieses Artikels geben den aktuellen wissenschaftlichen Stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder und wurden nach bestem Wissen und Gewissen verfasst. Dennoch kann der Artikel keine medizinische Beratung und Diagnose ersetzen. Bei Fragen wenden Sie sich an Ihren Allgemeinarzt.
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