Definition: Was ist eigentlich ein Totimpfstoff?
Impfungen sind der effektivste Weg, das körpereigene Immunsystem auf einen Erreger vorzubereiten. Doch Impfstoff ist nicht gleich Impfstoff. Dabei unterscheidet man heutzutage zwischen klassischen Lebend- und Totimpfstoffe sowie neueren genbasierten Impfstoffen [1, 2].
Zu Letzteren zählen die mRNA-Impfstoffe von BioNTech und Moderna sowie die Vektorimpfstoffe von AstraZeneca und Johnson & Johnson [1, 2].
Für die Unterscheidung ist wichtig, dass ein Lebendimpfstoff (wie zum Beispiel die bewährte Masern-Mumps-Röteln-Impfung) vermehrungsfähige, aber abgeschwächte Krankheitserreger enthält. In Menschen mit einem funktionstüchtigen Immunsystem entsteht durch die Abschwächung also keine Infektion. Diese Impfungen sind jedoch sehr effektiv – rufen also eine starke Antwort des Immunsystem hervor [1].
Bei klassischen Totimpfstoffen ist der Erreger dagegen entweder inaktiviert oder das Vakzin enthält nur bestimmte Erregerbestandteile. Es kann hier also auch bei Immungeschwächten zu keiner Infektion kommen. Bei Totimpfstoffen braucht es eigentlich immer mehrere Teilimpfungen, um einen langfristigen Schutz aufzubauen [1].
Die bisherigen Corona-Impfstoffe können mit Totimpfstoffen gleichgesetzt werden, ohne dabei selbst den „klassischen Totimpfstoffen” anzugehören. In jedem Fall sind sie keine Lebendimpfstoffe, da sie keinerlei vermehrungsfähige Viren beinhalten [2].
Zu den klassischen Totimpfstoffen unterscheiden sie sich jedoch allein dadurch, dass sie als sogenannte „genbasierte Impfstoffe” das für die Immunantwort erforderliche Antigen erst in den Zellen der geimpften Person produzieren. Sie enthalten also lediglich die Information bzw. den Code dafür – nicht das Antigen selbst [3].
Novavax: ein klassischer Totimpfstoff?
Der Corona-Impfstoff des US- Pharmaunternehmens Novavax heißt eigentlich „Novavax-NVX-CoV2373” oder kurz „Nuvaxovid”. Der Einfachheit werden wir im Folgenden jedoch weiterhin von „Novavax” sprechen [4, 5].
Bei dem Präparat handelt es sich um einen sogenannten „Subunit-Impfstoff” (siehe Abbildung oben). Das heißt, es ist ein Totimpfstoff, der aus einzelnen Bestandteilen des Erregers zusammengesetzt ist. Die Bestandteile wurden jedoch im Labor „hochaufgereinigt” und in Zellkulturen rekombiniert. Vom ursprünglichen Erreger bleibt also nicht viel übrig [4, 6].
Eine Infektion ist dadurch ausgeschlossen. Die Möglichkeit für den Körper, die wichtigen Oberflächenmerkmale (bei Novavax das SARS-CoV-2-Spike-Protein) in die Zellen aufzunehmen und so – wie gewünscht – eine Immunreaktion samt Antikörperbildung auszulösen, ist jedoch gegeben [4, 5, 7].
Novavax-Zulassung erfolgt
Die Zulassungsempfehlung durch die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) kam bereits am 20. Dezember 2021. Die Empfehlung der Ständigen Impfkommission des Robert Koch-Instituts (STIKO) folgte dann am 3. Februar 2022 [5, 8].
Zuvor waren Wirksamkeit und Sicherheit systematisch in Impfstudien untersucht worden [8].
Omikron und Novavax
Die Wirksamkeit von Novavax war in den Zulassungsstudien vergleichbar mit den bisher eingesetzten mRNA-Impfstoffen von BioNTech und Moderna [8].
Konkret wurde in einer Phase-III-Wirksamkeitsstudie in den USA und Mexiko für Novavax eine Wirksamkeit von 90,4 % beim Verhindern von symptomatischen COVID-19-Infektionen festgestellt. Voraussetzung war, dass bei den Probanden mindestens 7 Tage nach der zweiten Dosis vergangen waren [7, 9].
In der Studie wurden mehr als 29.000 Personen im Alter von 18 bis 84 Jahren in eine Impfstoff- und eine Placebogruppe aufgeteilt. Während es in der Impfstoffgruppe nur zu 14 symptomatischen COVID-19-Fällen kam, waren es in der Placebogruppe 63. Insgesamt kam es zu 4 schweren Erkrankungsfällen – alle davon in der Placebogruppe [7, 9].
In einer anderen Phase-III-Wirksamkeitsstudie mit etwa 14.000 Teilnehmer:innen in Großbritannien belief sich die Novavax-Wirksamkeit auf 89,7 %. Das Ergebnis konnte also bestätigt werden [7, 10].
Genaue Aussagen zur Wirksamkeit des Novavax-Impfstoffs gegenüber der Omikron-Variante können aktuell jedoch noch nicht getroffen werden. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass zum Zeitpunkt der Studiendurchführung die Delta- und nicht die Omikron-Variante dominierend war [8].
Die weiterhin bestehende Wirksamkeit von mRNA-Impfstoffen gegenüber schweren Krankheitsverläufen durch die Omikron-Variante – gerade nach erfolgter Auffrischimpfung – lässt jedoch auf ähnliche Ergebnisse für Novavax hoffen [11].
Für welche Altersgruppe der Novavax empfohlen wird
Laut STIKO ist aktuell die Grundimmunisierung (also erste und zweite Impfung) mit Novavax für Personen ab 18 Jahren empfohlen. Die bisherigen Empfehlungen für alle anderen Corona-Impfstoffe bleibt dadurch natürlich bestehen. Novavax ist lediglich eine gleichwertige Alternative [8].
Die beiden Novavax-Impfdosen sind dabei im Abstand von mindestens 3 Wochen zu geben. Für Kinder sowie schwangere und stillende Frauen wird Novavax zum jetztigen Zeitpunkt dagegen nicht empfohlen [8].
Es gibt zur Zeit noch keine Daten dazu, ob Novavax bei der Grundimmunisierung mit anderen Corona-Impfstoffen kombiniert werden kann (Beispiel: 1. Dosis Novavax, 2. Dosis BioNTech). Daher sollten – wenn Novavax zum Einsatz kommt – beide Dosen mit Novavax erfolgen [6].
Novavax als Booster?
Für die Verwendung von Novavax als Booster- bzw. Auffrischimpfung gibt es aktuell keine Empfehlung. Es ist aber durchaus denkbar, dass dies zu einem späteren Zeitpunkt folgen könnte [4].
Bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem kann es zudem – ähnlich wie bei anderen Corona-Impfstoffen – zu einer abgeschwächten Wirkung der Impfung kommen. Dies sollte jedoch keineswegs ein Grund gegen die Impfung, sondern im Gegenteil eine weitere Motivation dafür sein [4, 12].
Mögliche Nebenwirkungen
Die kurze Antwort lautet: Ähnlich wie andere Impfstoffe führt auch Novavax häufig zu harmlosen lokalen und systemischen Impfreaktionen wie Schmerzen, Rötung oder Schwellung an der Einstichstelle, Müdigkeit, Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen.
Diese können über wenige Tage anhalten und sind letztlich nur Zeichen eines funktionierenden Immunsystems [8].
Die Untersuchung der Sicherheit von Novavax erfolgte dabei in einer Zwischenanalyse aus insgesamt 5 klinischen Studien, welche in Australien, Südafrika, Großbritannien, den USA und
Mexiko vonstatten gingen [6].
Zu diesem Zeitpunkt hatten bereits knapp 50.000 erwachsene Teilnehmer:innen mindestens eine Dosis Novavax (30.058) oder ein Placebo (19.892) erhalten. Die Studienteilnehmer:innen wurden dabei im Schnitt länger als 2 Monate nachuntersucht, damit keinerlei Impfreaktionen übersehen werden [6].
Demnach waren die häufigsten Novavax-Nebenwirkungen Druckempfindlichkeit an der
Injektionsstelle (75 %), Schmerzen an der Injektionsstelle (62 %), Ermüdung (53 %), Muskelschmerzen (51 %), Kopfschmerzen (50 %), Unwohlsein (41 %), Gelenkschmerzen (24 %) und Übelkeit oder Erbrechen (15 %) [6].
Sämtliche Nebenwirkungen waren meist leicht bis mittelschwer und dauert selten länger als ein bis zwei Tage an. Bei jüngeren Personen waren die Impfreaktionen insgesamt häufiger. Auch traten die Symptome häufiger nach der zweiten als nach der ersten Impfdosis auf [6].
Zu sogenannten Impfkomplikationen – also schwerwiegenden Beschwerden mit mitunter bleibenden Folgen – ist es in den Zulassungsstudien dagegen nicht gekommen [4].
Mit dem neuen Novavax-Impfstoff gibt es somit ein weiteres „Ass im Ärmel” im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Für alle Menschen, die den bisher eingesetzten genbasierten Impfstoffen skeptisch gegenüberstanden, kommt damit eine effektive Alternative ins Spiel.
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